Früher war zu viel Haut vor der Kamera für sie tabu
"Verhängnisvolle Leidenschaft - Sylt": Wie schwer fielen Cornelia Gröschel die Nacktszenen?
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von teleschauWährend einer Auszeit auf Sylt verliert sich Nina Richter (Cornelia Gröschel) in einer Affäre.
Bild: ZDF und Andrea Hansen
Am Sonntag, den 13. April, läuft im ZDF-Livestream auf Joyn die TV-Premiere von "Verhängnisvolle Leidenschaft - Sylt". Erstmals lässt Cornelia Gröschel darin die Hüllen fallen. Im Interview verrät die Schauspielerin, warum sie sich bisher dagegen gewehrt hat und wieso sie heute ohne Scham auch erotische Szenen spielt.
"Verhängnisvolle Leidenschaft - Sylt" mit Cornelia Gröschel
Die vielen Gesichter der Cornelia Gröschel
Cornelia Gröschel ist ein "alter Hase" in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft. Schon im Alter von 9 Jahren gab die heute 37-jährige Schauspielerin ihr Fernsehdebüt. Seit 2019 ermittelt sie als Kommissarin Leonie Winkler im Dresdner "Tatort". Doch eine Sache hatte Gröschel in ihrer langen Karriere bisher kategorisch ausgeschlossen: Nacktszenen. In ihrem hüllenlosen Debüt beweist sie nun, dass sie nicht nur die taffe Ermittlerin spielen kann, sondern auch eine Frau, die Selbstliebe lebt.
teleschau: Was erwartet die Zuschauer:innen im Film "Verhängnisvolle Leidenschaft - Sylt": "Fifty Shades of Grey - Light" oder "Rosamunde Pilcher" für Fortgeschrittene?
Cornelia Gröschel: Eigentlich nichts von beidem, denn "Shades" baut die Dynamik zwischen den beiden Protagonist:innen eher auf einem konkreten Machtgefälle auf. Das ist in unserem Film nicht der Fall. "Rosamunde Pilcher für Fortgeschrittene" trifft es auch nicht wirklich, denn es geht darum, dass meine Figur Nina sich von diesem fremden Mann gesehen fühlt. Sie ist von ihm auf einer persönlichen Ebene sehr berührt. Die Erotik steht nicht so sehr im Vordergrund, sondern die tiefere Bedeutung, die hinter der Affäre steckt.
Und das, obwohl der Film erotische Szenen, auch Nacktszenen, zeigt - Erotik vor der Kamera, die in Ihrem breit gefächerten Portfolio als Schauspielerin bislang noch fehlte.
Gröschel: Der Aspekt der Schauspielerei, sich vor der Kamera auszuziehen, war mir bis dato zu persönlich. Als ich dann letztes Jahr die Anfrage bekam, öffnete sich ein Fenster in mir und ich fühlte mich für diese Rolle bereit. Also folgte ich diesem Gefühl und ließ mich auf diese Reise ein.
"Wenn ich nicht hundert Prozent gebe, dann sehen das die Zuschauer:innen"
Was änderte Ihre Einstellung?
Gröschel: Als die Anfrage kam, fühlte ich mich einfach sehr wohl in meiner Haut und mich reizte eine neue Art der beruflichen Herausforderung. Es stellte sich mir die Frage: 'Bin ich wirklich bereit, mich mit meinem ganzen Körper auf dieser erotischen Ebene diesem Projekt zu verschreiben?'
Das Ergebnis zeigt: Ja, Sie waren bereit ... ganz ohne Hemmungen?
Gröschel: Wir hatten eine Intimitätskoordinatorin am Set, was dem Ganzen einen sehr sicheren Rahmen gab, mit dem ich mich wohlfühlte. Im Vorfeld wurde alles genau mit der Regie, meinem Filmpartner, meiner Koordinatorin und meiner Kamerafrau abgesprochen, und wir drehten in einem sogenannten Closed Set ohne weitere Teammitglieder. Da war nur die Kamerafrau, die alles einfing, aber es kostete mich trotzdem auch ein bisschen Überwindung, mich auszuziehen.
Sie wagten schließlich den Sprung ins kalte Wasser?
Gröschel: Ich wusste ja vorher, was auf mich zukommt. Nichtsdestotrotz war es wichtig, nicht zu verkopft an das Ganze heranzugehen. In den vielen Jahren als Schauspielerin habe ich einen Weg für mich gefunden, mit vermeintlich peinlichen Szenen umzugehen. Wenn es darum geht, etwas zu spielen, das mir im echten Leben unangenehm wäre, lautet meine Devise: Augen zu und durch, die Flucht nach vorne, in die Vollen gehen. Wenn ich nicht hundert Prozent gebe, dann sehen das die Zuschauerinnen und Zuschauer.
"Wäre ein Kameramann am Set gewesen, hätte das vielleicht etwas geändert"
Wie ausschlaggebend war es, dass es sich um eine Intimitätskoordinatorin und eine Kamerafrau handelte?
Gröschel: Wäre ein Kameramann am Set gewesen, hätte das vielleicht etwas geändert. Von Frau zu Frau ist eine schnelle Vertrauensebene möglich. Die Regie übernahm ein Mann. Denn letztlich war es uns allen als Team wichtig, dass sich das die Waage hält. Ich fühlte mich damit sehr wohl.
Gab es Situationen, die dennoch Schamgefühl in Ihnen auslösten?
Gröschel: Nein. Bauten sich solche Gefühle zu Beginn der Dreharbeiten auf, wurden sie von Entschlossenheit überlagert. Denn ich wollte die Rolle spielen. Ich wollte, dass es sinnlich wird.
Freunde, Verwandte, Ihre Eltern geisterten Ihnen da nicht im Kopf herum?
Gröschel: Nein. Am Set vermischt sich das Private mit dem Beruflichen nicht. Außerdem weiß ich nicht, ob sie den Film überhaupt gucken, aber wenn, freue ich mich natürlich. Da ich aber schon so lange als Schauspielerin arbeite, bin ich davon überzeugt, dass meine Familie das von der privaten Cornelia trennt.
"Die Kamera sieht alles"
Sie sprechen von der privaten Cornelia: Ist sie mit ihrem Körper so im Reinen wie die Figur, die die Hüllen fallen lässt?
Gröschel: Die Vorbereitung mit meiner Kostümbildnerin, die dem Dreh voranging, war entscheidend. Wir haben viele schöne, sommerliche Kostüme gefunden, die es mir leicht machten, mich attraktiv zu fühlen. In den Szenen, in denen ich mit nacktem Oberkörper oder im Badeanzug zu sehen war, hatte ich nicht den Anspruch, einen perfekten Fitnessbody zu präsentieren - weil ich diesen Anspruch als Privatperson an mich selbst auch nicht habe.
Was ist Ihr Geheimnis, um sich wohl in Ihrem Körper zu fühlen?
Gröschel: Das Schöne an den Dreharbeiten und der Vorbereitung war, dass ich mich automatisch neu mit meinem Körper auseinandersetzen musste. Ich stehe so vor der Kamera, wie ich bin, und kann nichts verstecken, denn die Kamera sieht alles. Ich muss mich selbst annehmen, und diese Einstellung wirkt sich auch auf mein persönliches, körperliches Empfinden aus. In Bezug auf den fertigen Film hoffe ich, dass die eine oder andere Frau den Film schaut und denkt 'Das ist eine ganz normale Frau, die nicht Kleidergröße 32 trägt, und sie ist sexy, sie fühlt sich sexy.'
"Die Schauspielerei ist und bleibt für mich ein Beruf für Erwachsene"
Ihre Karriere begann im Alter von neun Jahren mit Ihrer Rolle in der Serie "In aller Freundschaft". Würden Sie es rückblickend wieder so machen?
Gröschel: Das ist keine leichte Frage, denn in beruflicher Hinsicht profitiere ich enorm davon. Privat würde ich heute aber davon abraten, Kinder so früh vor die Kamera zu stellen. Die Schauspielerei ist und bleibt für mich ein Beruf für Erwachsene. Selbst wenn Kinder unbedingt spielen wollen, würde ich zu einer Jugendgruppe im Theater raten. Die Abläufe am Set sind sehr anstrengend, da bleibt nicht viel Raum für Spielereien und Rücksichtnahme - auch nicht auf Kinder. Ich würde das jedem erst mit 16 zumuten.
Trotzdem sind Sie der Schauspielerei treu geblieben ...
Gröschel: In jungen Jahren schmeichelten mir die vielen Rollenangebote natürlich, aber ich war auch lange der Überzeugung, das nur als Hobby zu machen. In der elften Klasse fing ich an, Sprechunterricht zu nehmen und wollte eigentlich nur dialektfrei Hochdeutsch sprechen können. Aber ehe ich mich versah, bereitete ich mich mit meiner Sprecherzieherin auf das Vorsprechen an der Schauspielschule vor.
Sie scheinen mit einer weitreichenden Entscheidung recht leichtfertig umgegangen zu sein.
Gröschel: Damals dachte ich: Wenn ich mit 23 fertig mit dem Studium bin, kann ich immer noch etwas anderes machen. Letztlich habe ich elf Jahre lang geschauspielert, bevor ich wusste, dass ich das wirklich mein Leben lang machen will: In meinem dritten Studienjahr stand ich in einer Szene auf der Bühne, die alles veränderte. Bis dahin wusste ich nicht, dass ich so laut und extrovertiert sein kann. Also wollte ich unbedingt herausfinden, wer ich sonst noch sein kann.
"Ich halte mich im Moment für sehr gefestigt"
Hätte es mit der Schauspielerei nicht geklappt, wären Sie heute ...?
Gröschel: Ich träumte wie viele Mädchen zunächst von einer Karriere als Tänzerin. Schnell wurde mir klar, dass ich dafür nicht die körperlichen Voraussetzungen habe. Das gilt auch fürs Dressurreiten. An einen expliziten, realistischen Berufswunsch erinnere ich mich nich
Und nun sind Sie eine erfolgreiche Schauspielerin: Was muss passieren, dass Sie heute ein Rollenangebot ablehnen?
Gröschel: Psychisch belastende Rollen sehe ich mir sehr genau an. Innere Dämonen der Figuren oder ihre psychischen Probleme nach den Dreharbeiten loszulassen, ist nicht einfach. Ich kann tragische Rollenschicksale nicht mehr so gut verarbeiten wie früher. Daher stelle ich mir immer die Frage: 'Bin ich gerade gefestigt genug dafür?', bevor ich mich für oder gegen eine Rolle entscheide.
Wie lautet die Antwort?
Gröschel: Ich halte mich im Moment für sehr gefestigt. Vor ein paar Jahren bin ich zurück nach Dresden gezogen. Hier sind meine Wurzeln und meine Familie.