Facts oder Fiction?
Krasse Theorie: Hat die "Der Gesang der Flusskrebse"- Autorin einen Mord in Afrika begangen?
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von Jannah Fischer"Der Gesang der Flusskrebse" ist ein Weltbestseller, der sich nach Erscheinen auf Deutsch 61 in den Literatur-Charts hielt, davon neun auf Rang eins. Ausgerechnet die Vergangenheit von Autorin Delia Owens wirft einen Schatten auf den Erfolg: Sie soll, ähnlich wie ihre Romanfigur Kya, in einen Mord verwickelt sein.
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Mord vor laufender Kamera: Die krasse Doku von Delia Owens
Auch die Buchverfilmung mit Daisy Edgar-Jones in der Hauptrolle Kya ist hervorragend, sie wurde sogar für einen "Golden Globe" nominiert. Bevor Delia Owens die literarische Vorlage zu der "Der Gesang der Flusskrebse" (Original: "Where the Crawdads sing") 2018 auf den Markt brachte, arbeitete sie als Zoologin gemeinsam mit ihrem Mann Mark. Für den Job ziehen die beiden 1974 nach Afrika, genauer Botswana, um an einem Forschungsprojekt teilzunehmen. Ende der 80er zieht es sie weiter nach Sambia. Delia und ihr Mann sind jung, gutaussehend und damit bald interessant für die Öffentlichkeit, auch durch ihre gemeinsamen Bücher, in denen sie über ihre Zeit als Löwenforscher in Botswana bzw. als Elefantenschützer in Sambia berichten.
ABC strahlt 1996 eine Doku mit dem Titel "Deadly Game: The Mark and Delia Owens Story" aus, mit dem Fokus auf ihren Einsatz zum Schutz von Elefanten gegen Wilderer. Dazu gehört auch ein Mord.
In der Elefantenschutz-Doku von Delia sieht man, wie ein bereits am Boden liegender Wilderer von einer Person außerhalb der Kamera erschossen wird. Wer das Opfer ist? Wer den Schuss abfeuerte? Darauf gehen die anwesenden Filmemacher nicht in ihrer Doku ein. Auch nicht, ob die hingerichtete Person tatsächlich ein Wilderer war.
Kurz darauf verlassen Delia und ihr Mann Afrika, ziehen zurück in die USA, genauer nach Idaho. Vermutlich, weil der Schuss auf den vermeintlichen Wilderer eine polizeiliche Ermittlung in Sambia ausgelöst hatte. Später stellt sich heraus, dass es nicht die einzige Ungereimtheit war, die Delia und Mark in ihrer Zeit in Afrika verursacht hatten. Tatsächlich hinterließen sie eine Spur der Gewalt.
Schwere Vorwürfe gegen Mark Owen in Afrika
Der "The Atlantic"-Journalist Jeffrey Goldberg forschte weiter dazu nach und fand heraus, dass Delia und Mark sich mit Geschenken Freunde in der sambischen Regierung gemacht und eine militarisierte Gruppe an Wildhütern ausgebildet hatten. Marks ältester Sohn Christopher Owens bildete die Hüter in Nahkampftechniken aus - und setzte angeblich seine Prügel-Kenntnisse gerne gegen Auszubildende ein, die in seinen Augen bestraft gehörten. Zudem soll Mark Luftangriffe auf angebliche Wilderer geführt haben. Laut Goldbergs Quellen sollen die Owens Verdächtige sogar gefoltert haben, diese wurden zum Beispiel an einem Pfahl angebunden, ohne Schutz vor der gleißenden Sonne. Henry Kampamba, einer der Wildhüter aus der Zeit, sagte Goldberg: "Mark Owens hat uns gesagt, dass jeder, der Fleisch oder eine Waffe bei sich hat, eine Tracht Prügel bekommen soll." Alles Vorwürfe, die Delia und Mark von sich weisen.
Und auch im Töten soll vor allem Mark Owens kein Anfänger gewesen sein. P.J. Fouche, ein Berufsjäger, mit dem Jeffrey Goldberg auf seiner Recherchereise sprach, zeigte ihm einen gefaxten Brief von Mark, in dem dieser damit prahlte, während seiner Wache Wilderer umgebracht zu haben. "Zwei Wilderer wurden getötet und einer verwundet, soweit ich weiß, und wir fangen gerade erst an", beschrieb Owens die Angriffe und bat um mehr Munition sowie Unterstützung. Später rechtfertigt Mark das Geschriebene gegenüber Goldberg: "'Wir fangen gerade erst an' bedeutete nicht, dass jemand gerade erst begonnen hatte, Wilderer zu erschießen, sondern lediglich, dass wir gerade erst damit angefangen hatten, Anti-Wilderer-Patrouillen in diesem Gebiet durchzuführen."
Delia Owens wird in Sambia immer noch gesucht
Doch das löst nicht das Rätsel, wer in der ABC-Dokumentation den Abzug drückte. Dazu meldete sich der damalige Kameramann Chris Everson bei Goldberg. Er sagte aus, dass Christopher Owens den Schuss abgefeuert habe. Der Ermittlungsleiter Biemba Musole schlussfolgerte, dass Mark Owens mithilfe seiner Leute die Leiche anschließend an einen Hubschrauber vertäute und in eine Lagune warf - wo die Wildtiere den Rest übernahmen.
Das ist auch der Grund, wieso die Owens nicht mehr nach Sambia zurückkehren können. Denn hier verjähren solche Straftaten nicht, und die Familie wird bis heute wegen des Mordes an dem vermeintlichen Wilderer sowie der Vorwürfe krimineller Aktivitäten im North-Luangwa-Nationalpark gesucht. Die Ermittlungen werden laut der sambischen Polizei durch das Fehlen eines Auslieferungsabkommens zwischen Sambia und den USA sowie durch mangelnde Kooperation von ABC behindert.
Übezeuge dich selbst: Fakten oder Fiktion?
Parallelen zu "Der Gesang der Flusskrebse" nur Zufall?
Delia Owens hingegen bestreitet, in der ganzen Angelegenheit eine Rolle gespielt zu haben, geschweige denn etwas über die Vorfälle zu wissen: "Das Einzige, was Mark jemals getan hat, war, Feuerwerkskörper aus seinem Flugzeug zu werfen - aber nur, um Wilderer zu erschrecken, nicht, um jemanden zu verletzen.“ Marks Sohn Chris soll gar nicht erst vor Ort gewesen sein. Sie seien, so betont Delia, gute Menschen, die nur helfen wollen. Mittlerweile sind Mark und Delia geschieden, haben aber immer noch ein inniges Verhältnis.
Allen, die "Der Gesang der Flusskrebse" gelesen oder gesehen haben, wird vermutlich einiges an dieser Geschichte auffallen, das sich sehr ähnlich anhört. Die Theorie, die manch ein Buchblogger aufgestellt hat: Delia habe ihre Erlebnisse in Sambia in die fiktive Handlung einfließen lassen. "Fast jeder Teil des Buches hat eine tiefere Bedeutung", erklärte Delia im Interview mit Amazon. Hauptfigur Kya, in der Verfilmung gespielt von Daisy Edgar-Jones, ebenfalls Naturschützerin, lebt abgeschieden und steht unter - Spoiler! - Verdacht, einen Mord begangen zu haben, der in der Storyline gerechtfertigt ist und - Spoiler! - tatsächlich auf ihre Kappe geht. Zufall oder doch Beichte? Das könnte nur ein Verfahren in Sambia klären - und die Owens werden sicherlich nicht so schnell dorthin zurückkehren.