Drama aus Dollars und Dekadenz

"Wall Street" mit Charlie Sheen und Michael Douglas: Basiert der Filmklassiker auf einer wahren Geschichte?

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von Anne Oppel
Ist Geld alles? Zumindest, wenn es nach dem Geschäftsmann Gordon Gekko (Michael Douglas, links) geht, der Börsen-Neuling Bud Fox (Charlie Sheen) zeigt, wie es läuft.

Geschäftsmann Gordon Gekko (Michael Douglas, links) zeigt Börsen-Neuling Bud Fox (Charlie Sheen), wie es läuft.

Bild: picture alliance / | - Mary Evans Picture Library 2020. Credit: Mary Evans/AF Archive/20th Century Fox


Das American Film Institute listet ihn auf Platz 24 der 50 fiesesten Kino-Bösewichte: Gordon Gekko, den legendären Finanzhai aus dem Krimi "Wall Street" von 1987. Filmschurken sind gerne mal übertrieben fies, doch für den skrupellosen Börsen-Guru hat Regisseur und Drehbuchautor Oliver Stone reale Investment-Banker als Vorlage benutzt.


Darum geht's in "Wall Street"

Der Thriller erzählt die Geschichte des Nachwuchs-Börsenmaklers Bud Fox (Charlie Sheen), der einen Pakt mit dem Teufel eingeht. Sein Idol, die "Heuschrecke" Gordon Gekko (Michael Douglas), wird sein Mentor. Dank ihm gerät Bud in kriminelle Insider-Geschäfte. Die Handlung spielt im Jahr 1985 in New York City und bildet die Stimmung an der Wall Street zu dieser Zeit authentisch ab. Besonders die grenzenlose Gier und moralische Ambivalenz im Hinblick auf Investment-Banking und Firmenübernahmen.

"Wenn du einen Freund brauchst, kauf dir einen Hund!" erklärt Gordon seinem Zögling Bud. Ein Satz, der direkt klarstellt: Der Ton unter den Brokern ist rau, das Wall-Street-Pflaster hart, die Ellenbogen sind ausgefahren. Wer es bis nach oben schaffen will, kennt weder Freunde noch Loyalität. Es zählt nur der Antrieb, noch mehr Geld anzuhäufen. Michael Douglas spielt den aalglatten und skrupellosen Finanzhai auf unnachahmliche Art und Weise - und erhielt dafür zu Recht einen Oscar als bester Hauptdarsteller.

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Die echten Gekkos der 80er

Inspiration für die Figur Gordon Gekko sind diverse Investment-Profis, die damals dick im Geschäft waren und teilweise wegen Betrugs angeklagt wurden. Einer von ihnen ist Dennis Levine. Er arbeitete unter anderem für die Citibank und die Lehman Brothers, verfügte über geheime Konten auf den Bahamas und in der Schweiz. Später wurde er unter anderem für Insider-Handel angeklagt. Er kooperierte mit der Polizei und nannte Namen von anderen Beteiligten.

Einer dieser Namen war Ivan Boesky. Der amerikanische Börsenspekulant und Sohn russisch-jüdischer Migranten wurde an der Wall Street "Ivan der Schreckliche" genannt. Mit 49 Jahren besaß er ein Vermögen von 200 Millionen Dollar. Er war in einen der größten Wirtschaftsskandale der 1980er Jahre verwickelt und wurde zu drei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe verurteilt.

Gier als gefeierte Triebfeder

Am 18. Mai 1986 sprach Ivan Boesky vor Absolventen der Haas School of Business der University of California. In seiner Rede thematisierte er die Gier - und warum sie essenziell und positiv sei. Einige seiner Sätze wurden in "Wall Street" fast genauso Gordon Gekko in den Mund gelegt. Der sagt im Film: "Es ist gut, wenn man habgierig ist. Ich möchte sogar behaupten, dass es gesund ist, habgierig zu sein. Du kannst gierig sein und dich dabei gut fühlen."

Gordon Gekko zelebriert die Gier und sein Protegé "Buddy" Fox hängt zunächst an seinen Lippen. Als er und sein Vater später selbst Opfer von Gordons Profitsucht werden, schimpft Bud : "Wann hast du denn genug, Gordon? Hinter wie vielen Yachten willst du noch Wasserski fahren?"


Wilde Partys und noch wildere Geschichten


Sätze, die in die Filmgeschichte eingehen

Eine weitere prominente Figur, die als Inspiration für Gordon Gekko diente, ist Carl Icahan. Der amerikanische Milliardär und Großinvestor hielt Beteiligungen an größeren Unternehmen wie Apple, Yahoo, Time Warner, Motorola und Ebay.

Er wurde oft als Corporate Raider ("Unternehmensplünderer") bezeichnet. 1985 übernahm er die US-Fluggesellschaft TWA. Im Krimi "Wall Street" kauft Gordon Gekko die Fluggesellschaft Bluestar, in der Buds Vater Carl (Martin Sheen) als Mechaniker arbeitet. Den Spruch "Wenn du einen Freund brauchst, kauf dir einen Hund" soll Carl Icahn mal zu einem Mitarbeiter der von ihm übernommenen Fluggesellschaft gesagt haben.

Auch der Name James Tomilson Hill fällt im Zusammenhang mit Gordon-Gekko-Vorbildern immer wieder. Er ist ein amerikanischer Milliardär, Hedgefonds-Manager sowie der ehemalige Präsident und CEO der US-amerikanischen Investmentgesellschaft Blackstone.

Insider-Infos vom Vater

Abgesehen von den prominenten Bänkern, die damals die Schlagzeilen dominierten, hatte Regisseur Oliver Stone aber auch einen ganz persönlichen Draht zur Wall Street. Sein Vater Louis Stone war dort bis in die 70er-Jahre als Broker tätig. Die Filmfigur des eher besonnenen älteren Investment-Bankers Lou Mannheim hat er nach seinem Vorbild gestaltet.

Oliver Stone verriet mal in einem Interview: "Mein Vater hat 50 Jahre an der Wall Street gearbeitet und sagte mal zu mir: 'Warum macht keiner mal einen guten Film über Wirtschaft?' Ich glaube, diese Frage hat mich tatsächlich zu dem ersten Wall-Street-Film motiviert."

Die Börse als Charakter-Killer

Der Regisseur betonte aber immer wieder, dass sein Vater nicht in kriminelle Machenschaften verwickelt war. "Er war ein ehrlicher Mann, davon bin ich noch heute überzeugt. Er glaubte daran, dass er seinen Kunden diente. Gegenüber der Generation meines Vaters hat sich die Einstellung völlig verändert. Sie sind arrogant, sie dienen nicht mehr, sondern herrschen."

Oliver Stone verriet auch, dass er viele Aktienhändler kenne und er berichtete in einem Interview mit Artechock Film auch von einem ehemaligen Schulfreund, der sich an der Börse komplett verändert habe: "Er war 1999 im Vorstand von Morgan Stanley. Ich fragte ihn, ob er für mich etwas Geld investieren könne. Er sagte: 'Nein, du hast einfach nicht genug.' Diese arrogante Art hat die ganze Wall Street infiziert."

Als Kontrapunkt zur moralischen Leere seiner Filmfigur widmete Oliver Stone "Wall Street" seinem verstorbenen Vater - aus Respekt vor dessen Integrität.